Kurzbesuch bei Koebke

Kurzbesuch bei Koebke

Rügenurlaub 2019, vor der Pandemie. Seit ich zum letzten Mal in Sassnitz war, so um die Jahrtausendwende, hat sich viel getan. Die Eisenbahn zum Fähranleger ist verschwunden und der Hafenbahnhof beherbergt jetzt ein Restaurant. Die Hafentage werden gerade aufgebaut und so präsentiert sich der Sassnitzer Stadthafen als bunte Mischung aus Ostsee-Flair und unfertigem Rummelplatz.

Mich zieht es aber in die Ferne, zum Westhafen, wo eine wohlbekannte Silhouette mit grellroten Binden um Dach und Aufbauten schon vom anderen Ende des Hafens aus zu sehen ist. Es ist früher Nachmittag, Sommer, keine Wolke am Himmel und die Ostsee benimmt sich wie ein Ententeich. Ohne sichtbare Lebenszeichen liegt die Harro Koebke an ihrem Platz an der Westhafenmole, niemand ist zu sehen. Trotz der flimmernden Lässigkeit des Sommertages und der Unsichtbarkeit ihrer Crew macht sie aber den Eindruck, als sei ihr Blick wachsam über die Ostmole und die Prorer Wiek hinaus auf die Ostsee gerichtet.

Klar P3 sagen die Seenotretter: Einsatzbereit am Liegeplatz.

Hier am Hafen gibt es keine Eichhörnchen, aber der Teufel ist vielleicht eher ein kleines Segelboot mit unerfahrenen Landratten, die sich vom heißen Nachmittag zu unseemännischem Unsinn hinreißen lassen. Wer kann das sagen? Und wann passiert etwas? Bei der Hitze und der Flaute gibt’s wohl keine Probleme mit dem Seegang, aber das Wetter geht ordentlich auf die Pumpe. Und wenn jetzt, weit draussen, eines Skippers Kreislauf vor dem Julitag kapituliert?

Dann würden auf der Stelle gut vorgewärmte 6508 PS zum Leben erwachen, der Kreuzer innerhalb von wenigen Minuten den Leuchtturm an der Ostmole umrunden und dann lägen auch schon die Hebel auf dem Tisch. Obwohl ich weiß, dass es dann vielleicht um das Leben eines Menschen ginge, fasziniert mich der Gedanke, sie da rausrauschen zu sehen, alles was drin ist, mit donnernden Maschinen, hoher Bugwelle und weißer Hecksee.

So aber bleibt mir nur ein kurzer Spaziergang über die Westmole, ein paar Bilder der Koebke. Obwohl natürlich die Funktion hier im Vordergrund steht, ist sie ein schönes Schiff, zurecht stolzer Gestalt. Und ein ganz schöner Brocken für einen Seenotkreuzer. 36,5 m lang, also 8,5 m länger als die neue 28-m-Klasse, aber gute 10 m kürzer als die Marwede. Genau wie ihre große Schwester ist sie ein Einzelstück.

Ihren Namen hat die Harro Koebke übrigens von einem süddeutschen Unternehmer, der bei seinem Nachlass eine nicht unerhebliche Summe für die DGzRS vorgesehen hatte. Nun trägt der Kreuzer seinen Namen, zeigt damit auch die Verbundenheit der “Südländer” mit den “Nordlichtern” und ich bin mir sicher, dass er da oben auf seiner Wolke mit großer Freude auf das schöne Schiff herunterschaut, das er möglich gemacht hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert