Grundsee

Grundsee

Nachdem verschiedene andere Dinge meine Aufmerksamkeit an sich gezogen haben, war es endlich wieder an der Zeit, an der BERLIN weiterzubauen. Die Badewannen-Tests verliefen ja recht vielversprechend. Läuft, alles entspannt.

Aber man sagt ja auch, dass Stürme mit dem Flügelschlag eines Schmetterlings beginnen. Mein Schmetterling war ein kleiner Lautsprecher, den ich in meiner Bastelkiste hatte und der eventuell in den Seitenaufbauten am Heck akustisch mitarbeiten könnte. Das wollte ich ausprobieren, also habe ich den Akku drangehägt und das Beiermodul gestartet. Lautstärke aufgedreht und “Hebel auf den Tisch”.

Das klingt nicht besonders. Aber es liegt nicht am Lautsprecher. Nach kurzer Zeit beginnt die Antriebsanlage zu rattern. Das Geräusch kommt speziell von der Backbordwelle, da ist auch eine deutliche Vibration drin. Also vielleicht mal den Motor nachjustieren, die Gummikupplungen sind auch nicht so das Gelbe…

Nach zwei Stunden Motorjustage ohne Erfolg ziehe ich die Welle. Sie zeigt Einlaufspuren an den Lagerstellen. Nach vielleicht insgesamt einer Stunde Lauf…

Ich mache mir nichts vor: Ich habe beim Einbau der Wellen Mist gebaut. Die Steuerbordwelle läuft immerhin ganz gut, aber auch da ist Luft nach oben.

Seenotkreuzer sind zähe Gewächse, aber wenn sie eine Grundsee erwischt, wird es ernst. Das hier ist die Grundsee meines BERLIN-Projektes. Ich sitze eine Weile an meinem Werktisch und schaue wir das alles an. Alle Nachteile und Probleme dieses Bausatzes stürzen über mir zusammen wie grünes Wasser.

Mein Resümee nach einer Weile: Da muss sich was ändern. Der Baukasten geht zu viele Kompromisse ein und hat jede Menge nicht zu Ende gedachter Details.

  • Die Gewichtsverteilung stimmt im wahrsten Sinne hinten und vorne nicht. Das Ding ist buglastig, die Motoren zu weit vorne eingebaut (beim Original sitzen sie zwischen der Hinterkante des Aufbaues und der Tochterbootwanne).
  • Der Rumpf ist unglaublich schlecht zugänglich. Man kann durch die einzige große Öffnung gerade mal die Antriebsanlage reinpfriemeln, dann hört’s schon ziemlich auf. Zusatzfunktionen wie Pumpe, Tochterbootaufzug und eine ordentliche Heckklappenbetätigung sind überhaupt nicht vorgesehen. Der Akku kommt in der Bauanleitung schlicht nicht vor.

Man kann dem Bausatz natürlich zugutehalten, dass er ja auch überhaupt nicht für mehr Funktionen als Fahren und eine simple Heckklappenbetätigung per “Kordel” gedacht ist. Aber das Potential ist vorhanden. Der Rumpf ist äußerst stabil (eigentlich sogar zu schwer) und durch das fest eingebaute Deck ist das Ganze natürlich auch sehr wasserdicht und robust.

Mein Modellbaufreund Robert hat bei seiner BERLIN als erste Amtshandlung die Säge geschwungen und das Heck so weit geöffnet, dass man viel besser Komponenten einbauen kann. Ich habe mich lange gegen die Säge gewehrt, eigentlich das Öffnen sogar kategorisch ad acta gelegt, aber nachdem ich die Antriebseinheit inklusive Halter schließlich entfernt habe und in den Tunnel des Hecks blicke, ändere ich meine Meinung.

Eigentlich wollte ich bei dem Projekt möglichst nahe am Bausatz bleiben. Aber nach dieser Meditation über eine besch…eidene Antriebsanlage und die Unmöglichkeiten, die das geschlosssene Heck mit sich bringt, ist mir klar geworden: Ich baue dieses Schiff nur einmal im Leben. Jeder Kompromiss, sei er auch durch den Bausatz vorgegeben, wird mir irgendwann in den Allerwertesten beißen. Dieser Antrieb muss sauber laufen, so perfekt, wie ich es eben hinbekomme (im Hintergrund hören Sie das hämische Lachen aller RC-Schiff-Spezialisten Deutschlands). Das ist mit den Bausatzteilen eher schwierig. Das Schiff muss ordentlich im Wasser liegen, was es mit den Motoren an der vom Bausatz her vorgesehenen Stelle nicht tut (das kann durchaus an meinem speziellen Rumpf liegen, denn es gibt ja Kollegen, die das Schiff sehr erfolgreich aus dem Bausatz erstellt haben). Und ich möchte Sonderfunktionen haben, die solide funktionieren und kein Pfusch sind.

Also: Ich bin erfolgreich (?) durchgekentert. Ich sehe ein bißchen gerupft aus, aber das Projekt schwimmt noch. Große Veränderungen werfen ihren Schatten voraus. Um mit Lichtenberg zu sprechen: Keine Ahnung, ob es wirklich besser wird, aber es muss anders werden, damit es besser werden kann. Ich habe einen neuen Kurs, von dem ich zwar auch nicht weiß, wohin er mich führt, aber der Sturm ist vorbei – klaar kimming.

Ich gehe Sägen einkaufen.

2 Gedanken zu „Grundsee

  1. Hallo lieber Magnus,
    von Begeisterung hört man ja gerne 😉 Ich habe ein paar Tage gebraucht, mich neu zu sortieren, aber jetzt geht es hoffentlich wieder voran. Ich habe aber das Gefühl, das es auch für mich spannend bleibt…

    Beste Grüße,

    Harald

  2. Hallo, ich lese mit Begeisterung Ihren Baufortschritt. Ich selbst habe auch den Bausatz der Berlin, und stehe auch vor der Problematik der Antriebsanlage. Ich bin gespannt auf den nächsten Artikel.

    Gruß
    Magnus Kath

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