Frischer Aufschnitt im Mai

Frischer Aufschnitt im Mai

Es hat eine Weile gedauert, die Geschichte neu auszurichten. Aber jetzt liegt der neue Kurs an und er sieht ganz gut aus. Der Schritt weg vom Bausatzplan hat natürlich neue Fragen aufgeworfen, aber dafür habe ich auch endlich auf alte Fragen brauchbare Antworten gefunden.

Der radikale Aufschnitt des hinteren Decks war in jeder Hinsicht eine Befreiung. Es mag Leute geben, die den Tunnel des geschlossenen Achterschiffes als Herausforderung sehen und ganz sicher ist er an Stabilität nicht zu übertreffen. Und einfacher wasserdicht zu bekommen, wobei der neuralgische Punkt trotzdem das eigentliche Heck mit dem Ende der Tochterbootwanne ist. Ich war lange Zeit davon überzeugt, dass ich das alles schon da rein geschuhlöffelt bekomme. Robert hatte gleich die Säge geschwungen und je mehr Bilder ich von seinem Bau zu sehen bekam, desto mehr war ich hin- und hergerissen. Am Ende habe ich mich entschieden, das Deck nicht aufzusägen – und diese Entscheidung gottseidank drei Tage später umgeworfen. Ich bin sogar deutlich radikaler vorgegangen, weil meine Idee war, vorgegebene Kanten auszunutzen (auch im Hinblick auf meine Fähigkeiten mit der Säge).

Auf diesem Bild sind noch zwei Motorhalter zu sehen, die ich noch im Fundus hatte und die für Stellproben hergehalten haben. Die hintere Kante habe ich beim Sägen total versaut, aber das ist nachher unter der Abdeckung in der Tochterbootwanne – das Glück ist mit den Dummen…

Der Rumpf an sich ist stabil genug dafür. Er hat sich nur um ein paar Millimeter geweitet, das Deck hat sich natürlich gerade gelegt. Beiden Tendenzen habe ich mit entsprechenden 3D-Druck-Teilen entgegengewirkt: Das Deck bekam Spanten mit dem richtigen Profil, der Rumpf einen soliden Rahmen, der dank Querstrebe die korrekten Maße wieder herstellt. Das ausgesägte Deck passt fast “saugend” in den Ausschnitt und auf den Rahmen kann ich D-Gummiprofile aufbringen, die für die notwendige Wasserdichtigkeit sorgen. Das Deck wird am Ende verschraub – wenn alles gut geht, sollte ein Abnehmen des Decks nur zu Reparatur- oder Wartungszwecken notwendig sein.

Ich möchte damit nicht den Bausatz an sich in Frage stellen. Ganz bestimmt kann man auch mit den Bausatzteilen ein wunderbares und gut laufendes Modell erstellen, aber ich kann es halt irgendwie nicht. Das ist eine Erkenntnis, die mich etwas Schweiß gekostet hat, aber ich lebe jetzt sehr gut damit.

Ja, der originale Motorhalter ist ein absolut stabiles Konstrukt. Aber zumindest in meinem Rumpf (denn kein Rumpf ist innen identisch) und mit den vorgesehenen Stevenrohren saß er zu weit vorne und auch die Neigung hat nicht gepasst. Man muß dazu sagen, dass im Original die Motoren im Bereich zwischen Aufbau und Tochterbootwanne sitzen, also deutlich weiter hinten als die (ja nicht gerade leichten) Bürstenmotoren des Bausatzes im Modell. Das trägt sicher auch zu der von mir beobachteten Buglastigkeit bei.

Also: Nach dem Antriebsdesaster mit Geräusch und Vibration denken wir das Ganze mal von Anfang an neu. Punkt eins: Zwei Raebosch-Wellen mit tauschbaren Dichtringen. Außendurchmesser 8mm statt 6mm. So-li-de. Ich habe dabei die Version mit dem Gleitlager auf der Motorsite gewählt, es gibt auch eine mit Kugellagern. War mir Sparbrötchen aber dann doch zu teuer.

Ich weiche wieder bewusst davon ab, die Wellen wie im Original nach Austritt aus dem Rumpf offen zu führen, das Stevenrohr geht bis an die Schraube. Das mag man als Scale-Sakrileg empfinden, mir ist es wichtiger, dass das Schiff auf Dauer gut fährt.

Punkt zwei: Für die Motoren habe ich Halter konstruiert, die bereits einen gewissen Neigungswinkel vorgegeben haben. Nachher stellt sich der natürlich als zu gering heraus, aber das kompensiere ich mit den Unterlagen aus TPU, die als Vibrationsdämpfung daruter sitzen und jetzt halt eine leichte Keilform bekommen. Die Motorhalter fixieren auch das Stevenrohr in der Flucht, sodaß die Flexkupplungen eigentlich auch nur als Dämpfer, weniger zur Neigungskompensation wirken. Zum Einbau der Stevenrohre in die Motorhalter habe ich starre Kupplungen eingesetzt. Die haben aber bei anschließenden Probeläufen aber unerwarteterweise doch vibriert. Mit den Flexkupplungen war dann Ruhe. Entweder haben sich da doch kleine Toleranzen addiert oder die starren Kupplungen waren leicht unwuchtig. Wie auch immer, mit den Flexkupplungen geht es wunderbar.

Am Ende kriegen die Halter dann noch eine Zwischenlage aus Sperrholz, um eventuell entstehende Wärme von den Motoren von den 3D-Druck-Teilen fernzuhalten – auch das eine rein präventive Maßnahme, auch bei den Vollgas-Testläufen im Wasser waren die Motoren nie mehr als handwarm geworden. Die Dicke der Zwischenlage habe ich natürlich auch nicht mitkalkuliert, aber die Länge der Motorachse reicht aus, um die Kupplung zu montieren.

Dritter Schritt: Die fest zusammengebauten Antriebseinheiten werden im Rumpf platziert, ausgerichtet und erst dann verklebt.

Der Erfolg ist spür- und hörbar. Die Antriebe laufen auf Anhieb sehr ruhig und vibrationsarm. Eine der Flexkupplungen wird noch in der Bohrmaschine “überdreht”, weil sie (schon von Haus aus) eine Macke an einem Ende hat, die Unwucht erzeugt. Danach ist es nochmal besser.

Jetzt sitzen die Motoren deutlich weiter hinten, sie sind fast 10 cm Richtung Heck gerückt. Ich bin gespannt auf die nächste Schwimmprobe. Aber die Deltaform des Rumpfes verträgt nach meiner Beobachtung umso mehr Gewicht, je weiter es nach achtern geht, während Gewicht im Vorschiff sofort zur Buglastigkeit führt. Man wird sehen.

Bei den Motorprobeläufen haben sich dann noch zwei Probleme ergeben: Der Akku hat sich ordnungsgemäß abgeschaltet, war dann aber nicht mehr zu wecken. Er ging jetzt erstmal zurück zum Konfektionär zur Überprüfung der eingebauten Elektronik. Die Motoren zeigen ein sichtbar unterschiedliches Ansprechverhalten. Das macht mir etwas mehr Gedanken, schließlich soll es ja ein Kreuzer und kein Kreiser werden. Also habe ich auch, quasi als Abschluss des Neuheitenfeuerwerkes, das Ein-Regler-Prinzip über Bord geworfen und zwei Regler bestellt, die – wow, Neuheit – über Bluetooth und eine App programmierbar sind. Ob das die Lösung ist oder nur neue Probleme aufwirft, werde ich zum gegebenen Zeitpunkt berichten.

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